Grüne und SPD plädieren für Abschaffung der unechten Teilortswahl
Nach dem Urteil zur Über- bzw. Unterrepräsentation von Teilorten bei der Kommunalwahl mit
unechter Teilortswahl ist jetzt auch Lichtenau in der Pflicht, über Abschaffung der unechten
Teilortswahl oder Veränderung der Anzahl der Gemeinderäte zu beschließen.
Bei der derzeitigen Sitzverteilung von 14 Gemeinderäten, wobei Lichtenau per Satzung
sechs, Scherzheim drei, Ulm drei sowie Grauelsbaum und Muckenschopf jeweils ein Sitz
zustehen, ist Grauelsbaum mit annähernd 40% unterrepräsentiert.
Dies ist nicht wahlrechtskonform. Somit ist die Anzahl der Sitze pro Wohnbezirk unter
Berücksichtigung der Einwohnerzahl zu korrigieren.
Bei Abschaffung der unechten Teilortswahl wäre dieses Problem behoben und die Größe
des Gemeinderates könnte bei 14 belassen werden.
Sollte der Gemeinderat jedoch die Beibehaltung der unechten Teilortswahl beschließen, ist
es erforderlich, die Anzahl der Gemeinderäte auf 22 zu erhöhen. Denn auch bei Festlegung
auf 18 Gemeinderäte wäre eine wahlrechtskonforme Repräsentation der Teilorte nicht
gegeben.
Folglich entfielen per Satzung auf Lichtenau neun Sitze, Scherzheim wäre mit fünf vertreten,
Ulm mit vier und Grauelsbaum und Muckenschopf mit jeweils zwei.
Unter Annahme, dass es sicherlich noch Ausgleichsmandate geben wird, könnte der
zukünftige Gemeinderat möglicherweise 25 Mitglieder umfassen.
In Gernsbach resultierten aus der unechten Teilortswahl sogar sieben Ausgleichssitze,
wodurch das Gremium nun 29 Personen umfasst.
SPD und Grüne in Lichtenau sind sich einig, dass das für Lichtenau im Vergleich zu anderen
Kommunen in Baden-Württemberg und auch speziell im Landkreis Rastatt völlig überzogen
ist.
Im Landkreis Rastatt haben lediglich die Kommunen Gernsbach, Sinzheim und Durmersheim
22 Gemeinderäte in der Satzung festgelegt.
Alle diese Kommunen haben aber eine Bevölkerungszahl von über 11.000, also mehr als
doppelt so viel wie Lichtenau. In Bühl und Gaggenau mit ca. 30.000 Einwohnern beträgt die
Zahl der Sitze mit 26 nur wenig mehr. Auch Muggensturm mit über 6.000 Einwohnern
beschränkt sich auf 14 Gemeinderäte.
Die gewählten Mandatsträgerinnen und -träger sind verpflichtet und geloben, das Wohl der
Stadt Lichtenau und das ihrer Einwohner nach Kräften zu fördern - und zwar der gesamten
Stadt Lichtenau mit allen vier Teilorten.
Bei Abschaffung der unechten Teilortswahl sind also wie bisher alle Gewählten verpflichtet,
unabhängig davon, wo sie wohnen, sich für die Kernstadt und alle Teilorte einzusetzen.
Gebhard Deibel (Grüne) und Renate Schwarz (SPD) appellieren an den Lichtenauer
Gemeinderat, hier Maß zu halten und nicht aus falsch verstandenem Lokalpatriotismus die
unechte Teilortswahl weiterhin für Lichtenau in der Satzung zu verankern.
„Eine Abschaffung der unechten Teilortswahl bedeutet nicht, dass die Interessen der Teilorte
zu kurz kommen. Es liegt an den Wählerinnen und Wählern diejenigen zu wählen, die die
Anliegen aller Teilorte im Blick haben“, vertrauen Schwarz und Deibel auf die Kompetenz der
Lichtenauer Wahlberechtigten. „Außerdem bleiben die Ortschaftsräte unangetastet, wodurch
mit den Ortsvorsteher:innen und deren Rederecht im Gemeinderat Fürsprecher:innen der
jeweiligen Ortsteile garantiert sind.“
Zudem habe sich gezeigt, dass es aufgrund des komplizierten Wahlverfahrens bei der
unechten Teilortswahl zahlreiche ungültige Stimmen gibt. 2019 sind allein aufgrund
ungültiger Stimmzettel 2100 Wählerstimmen verloren gegangen.